Fahrerflucht-Schaden

- 14. März 2023
Ob ein bedeutender Schaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorliegt, ist nach den objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen, um den das Vermögen des Geschädigten als unmittelbare Folge des Unfalls gemindert wird. Angemessen erscheint als Untergrenze für das Vorliegen eines bedeutenden Schadens i.S.v. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ein Betrag von 1.750 EUR.
LG Bochum, Beschl. v. 6.12.2022 – 1 Qs 59/22
Der Beschuldigten soll sich nach einem Verkehrsunfall, er schrammte beim Einparken an einen anderen PKW, unerlaubt vom Unfallort entfernt haben (§ 142 StGB). Der PKW des anderen wurde zwischenzeitlich repariert.Die Reparaturkosten iHv ca. 1.400,00 € sowie eine merkantile Wertminderung in Höhe von 250 EUR, ein Nutzungsausfall in Höhe von 172 EUR und eine Kostenpauschale von 25 EUR wurden seitens der Kfz-Versicherung der Beschuldigten ausgeglichen. So weit, so gut.
Der Beschuldigte hat sich dahin eingelassen, dass er den Anstoß an dem anderen Fahrzeug nicht bemerkt habe. Die Staatsanwaltschaft hat beim AG beantragt, dem Beschuldigten gemäß § 111a StPO die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen und die Beschlagnahme des Führerscheins anzuordnen. Das AG hat den Antrag abgelehnt, die Staatsanwaltschaft hat Beschwerde eingelegt und das LG bestätigt die Entscheidung des AG. Das LG geht davon aus, dass die Umstände durchaus für ein durch den Beschuldigten herbeigeführtes Unfallereignis i.S.d. § 142 Abs. 1 StGB sprechen. Gleichwohl komme die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis – zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – letztlich nicht in Betracht, da sich aus dem bisherigen Akteninhalt ein entstandener bedeutender Schaden an dem Fahrzeug der anderen Unfallbeteiligten i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht ergebe.
Ein bedeutender Fremdschaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB kann ab 1.300 EUR angenommen werden. Infolge der zwischenzeitlichen Preisentwicklung sei die Rechtsprechung zu der Frage, wann ein bedeutender Schaden vorliege, zunehmend unübersichtlich geworden. Die Untergrenze des Schadens werde teilweise nach wie vor bei 1.300 EUR angesetzt. Andere Gerichte setzen die Grenze bei 1.500 EUR (vgl. u.a. LG Magdeburg, Beschl. v. 19.6.2019 – 26 Qs 15/19; LG Dresden, Beschl. v. 7.5.2019 – 3 Qs 29/19), bei 2.000 EUR (vgl. u.a. LG Darmstadt, Beschl. v. 1.2.2018 – 3 Qs 27/18) oder gar bei 2.500 EUR (vgl. u.a. LG Nürnberg, Beschl. v. 15.1.2020 – 5 Qs 4/20) fest. In diesem Licht stehe auch die zuletzt geänderte Rechtsprechung des OLG Hamm. Mit Beschluss vom 5.4.2022 (5 RVs 31/22, StRR 7/2022, 24 = VRR 9/2022, 17) habe das OLG Hamm – auf einen bestimmten Einzelfall bezogen – bekräftigt, dass die Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB im Hinblick auf die allgemeine Preissteigerung nunmehr jedenfalls nicht unter 1.500 EUR liegt.
Unter Zugrundelegung dieser Zahlen erschien es der Kammer daher als erforderlich, die Wertgrenze für die Annahme eines bedeutenden Schadens angemessen anzuheben. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass auch die Einkommen im fraglichen Zeitraum einer Veränderung unterworfen waren. Angemessen erschien der Kammer vor diesem Hintergrund eine Anhebung von 1.300 EUR auf 1.750 EUR als Untergrenze für das Vorliegen eines bedeutenden Schadens i.S.v. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB.
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