Hautpverhandlung Bremen
Abwesenheit in der Hauptverhandlung möglich? Nein
Grundsätzlich schreibt das Gesetz vor, dass eine Hauptverhandlung ohne den Angeklagten nicht stattfinden darf. Dies bedeutet bei langandauernden Verfahren, dass der Angeklagte nicht nur sehr viele Verhandlungstage im Gerichtssaal zu verbringen hat sondern auch dass diese teilweise den ganzen Tag andauern.
Gerade bei Inhabern von Firmen oder Geschäftsführerin von Gesell-schaften ist dies schwierig zu handhaben, weil gleichzeitig deren An-wesenheit in der Firma unbedingt notwendig ist, damit die Geschäfte weiter betrieben werden können.
Hier kollidieren also zwei Interessengebiete, zum einen die Anwesen-heitspflicht des Angeklagten und zum anderen dessen grundsätzliche Firmentechnische Anwesenheitspflicht in der Firma.
Auf die letztgenannte Pflicht kann das Gesetz grundsätzlich keine Rücksicht nehmen.
Jedoch besteht für den Angeklagten und dessen Verteidiger eventuell die Möglichkeit, nach einigen Prozesstagen die sich abzeichnende Urteils-findung des Gerichts herauszufinden, indem ein Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen des Angeklagten gestellt wird, § 233 StPO.
§ 233 Entbindung des Angeklagten von der Pflicht zum Erscheinen
(1) Der Angeklagte kann auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden, wenn nur Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, Geldstrafe bis zu einhundertachtzig
Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung, allein oder nebeneinander, zu erwarten ist. Eine höhere Strafe oder eine Maßregel der Besserung
und Sicherung darf in seiner Abwesenheit nicht verhängt werden. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zulässig.
(2) Wird der Angeklagte von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden, so muß er durch einen beauftragten oder ersuchten Richter über die Anklage vernommen werden.
Dabei wird er über die bei Verhandlung in seiner Abwesenheit zulässigen Rechtsfolgen belehrt sowie befragt, ob er seinen Antrag auf Befreiung vom Erscheinen in der Hauptverhandlung aufrechterhalte.
Statt eines Ersuchens oder einer Beauftragung nach Satz 1 kann außerhalb der Hauptverhandlung auch das Gericht die Vernehmung über die Anklage in der Weise durchführen, dass sich der Angeklagte an
einem anderen Ort als das Gericht aufhält und die Vernehmung zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Angeklagte aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird.
(3) Von dem zum Zweck der Vernehmung anberaumten Termin sind die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger zu benachrichtigen; ihrer Anwesenheit bei der Vernehmung bedarf es nicht.
Das Protokoll über die Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen.
Sollte das Gericht nach dem bisherigen Prozessverlauf der Ansicht sein, dass nur eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, usw. zu erwarten ist, dann kann das Gericht dem Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen stattgeben. Sollte dies der Fall sein, so hat die Verteidigung schon vorab geklärt, dass eine Verhängung einer höheren Strafe nicht in Betracht kommt.
Sollte das Gericht jedoch der Ansicht sein, dass der bisherige Prozessverlauf dieses nicht hergibt, dann kann sich die Verteidigung zusammen mit dem Angeklagten schon jetzt darauf einstellen, dass eventuell eine Verhängung der höheren Strafe ausgesprochen werden könnte.
Dementsprechend kann die Verteidigung darauf reagieren und ihre Taktik in der weiteren Beweisaufnahme darauf abstellen.
Jedoch hat dieser Antrag einen Haken nämlich dahingehend, dass das Gericht die Ablehnung des Antrages nicht begründen muss. So ganz genau weiß man also nicht, was das Gericht zu Ablehnung des Antrags bewogen hat.
Darüber hinaus ist die nicht begründete Ablehnung des Antrags nicht mit der Revision anfechtbar.
Dementsprechend muss dieser Antrag sehr sorgfältig mit den Mandanten besprochen werden.
Die weitere Voraussetzung für das Stellen diesen Antrags und für den Fall dass diesem stattgegeben werden wird ist, dass der Angeklagte dem Ver-teidiger eine besondere Vertretungsmacht erteilt, die über die allgemeine
strafprozessuale Vollmacht hinausgeht. Der Verteidiger ist dann im weiteren Verlauf des Verfahrens der Vertreter des Angeklagten.
Für die weiteren Prozesstage ist das Gericht auch nicht daran gehindert, das persönliche Erscheinen des Angeklagten wieder anzuordnen.
Siehe auch den Beitrag zur Abwesenheit in der Hauptverhandlung: Angeklagter nicht da
Sie haben Fragen? Rufen Sie Strafverteidiger Bernd Idselis unter 04221- 9166980 an