Cannabis-Grenzwert – fahrlässiges Handeln

Ein Betroffener befuhr um 21.50 Uhr eine Straße in Bremen mit dem PKW. Am Vorabend, also ca 24 stunden vorher, hat der Betroffene durch das Rauchen eines Joints Cannabis konsumiert. Im Zeitpunkt der Blutentnahme am nächsten Tag um 23.00 Uhr betrug der THC-Gehalt im Blut 1,4 ng/ml.

Das Gericht durfte nicht auf fahrlässiges Handeln des Betroffenen schließen, denn:

„Hinsichtlich des Tatbestands des § 24a Abs. 2 und 3 StVG muss dem Betroffenen nachgewiesen werden, dass er die Möglichkeit fortlaufender Wirkung des Cannabiskonsums entweder erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können und müssen. Der Vorwurf des schuldhaften Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung eines berauschenden Mittels bezieht sich nämlich nicht primär auf den Konsumvorgang, sondern vielmehr auf die Wirkung des Rauschmittels zur Tatzeit.

Danach handelt fahrlässig, wer in zeitlicher Nähe zum Fahrtantritt Cannabis konsumiert hat und dennoch ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führt, ohne sich bewusst zu machen, dass das Rauschmittel noch nicht vollständig unter den analytischen Grenzwert von 1 ng/ml abgebaut ist.

Es ist hierzu nicht erforderlich, dass sich der Betroffene einen spürbaren oder auch nur messbaren Wirkstoffeffekt vorgestellt hat oder zu einer entsprechenden genauen physiologischen oder biochemischen Einordnung in der Lage war, zumal da ein Kraftfahrer die Unberechenbarkeit von Rauschmitteln stets in Rechnung zu stellen hat.

An der Erkennbarkeit der Wirkung des Rauschmittels kann es jedoch dann ausnahmsweise fehlen, wenn zwischen dem Zeitpunkt des Drogenkonsums und der Fahrt längere Zeit vergangen ist.

Denn mit zunehmendem Zeitablauf schwindet das Bewusstsein dafür, dass der zurückliegende Rauschmittelkonsum noch Auswirkungen bis in die Gegenwart haben könnte. Das Tatgericht hat daher in denjenigen Fällen, in denen ein zeitnaher Rauschmittelkonsum vor der Tatzeit nicht festgestellt werden kann, zu prüfen, ob weitere Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dem Betroffenen die Möglichkeit einer im Tatzeitpunkt noch andauernden Beeinflussung durch das Rauschmittel bewusst gewesen ist bzw. hätte bewusst sein müssen.“

Das OLG Bremen (Beschluss vom 02.09.2013 – 2 Ss Bs 60/13)